Donnerstag, 30. September 2010

Die Tage vergehen im Flug

Hi,

ich sitze in einem der zahlreichen Internetcafees von Kigali und sehe, dass mein letzter Bericht schon 10 Tage her ist. Was ist seit dem passiert? Naja ich habe sehr viele Leute getroffen und mich mit einigen wenigen angefreundet. Ich habe meine erste stärkere Erkrankung hinter mir, es hatte irgendwie mit schlechtem Essen zu tun und mein Magen war danach beleidigt. Ich habe zwei Kinyarwanda-Unterrichtsstunden mit 7 anderen Freiwilligen absolviert - der Lehrer ist aber bestenfalls Mittelmaß. Er hatte nicht mal einen Stift dabei und verlangte ein für hiesige Verhältnisse hohes Honorar. Die Regenzeit sollte schon da sein, hat sich aber erst zweimal -dafür heftig mit riesigen Hagelkörnern (Viele haben gerufen: "Es schneit")- gezeigt und so scheint die Sonne immernoch erbarmungslos senkrecht vom Himmel herunter. Dank der hohen Anzahl von Freiwilligen in Ostafrika, gibt es eine Art Netzwerk, das unter anderem Schlafplätze in fremden Städten bereithält (Couchsurfing). So hatten wir viel Besuch aus Jinja, Kampala (Uganda) und auch aus Tansania. Ab morgen müssen alle Freiwilligen meiner Organisation Quittungen von allen lebenswichtigen Ausgaben sammeln, um dann am Ende des Monats festzustellen, wieviel wir zum Überleben benötigen. Die Summe bekommen wir dann jeden Monat pauschal in Euro überwiesen. Wir hoffen auf eine Wertsteigerung des Rwandischen Francs. Meine "Arbeit" gleicht bis jetzt einer Fata Morgana, aber ich durfte immerhin mal zwei Tage an einem Proposal (Antrag auf Spendengeld, in dem Fall vom US-Congress) schreiben und basteln bis er in einigermaßen verständlichen Englisch und ohne Rechenfehler und sonstigen größeren Makeln seinen Weg per Email fand. Es ging immerhin um 50000 Dollar. Das Projekt selbst soll die Rechte der kleinen (im wahrsten Sinne des Wortes) Minderheit in Ruanda stärken.
Die Leute aus besser situierten Gegenden/Familien zeigen sich immer noch ungläubig und fassungslos, dass ich mit 19 Jahren Freiwillig nach Ruanda gehe und dann auch noch freiwillig in einem "Slumviertel" lebe. Diese Menschen waren meist schon in Europa und haben öfters starke Vorurteile gegenüber ihrem eigenem Land und seinen Leuten. Menschen aus ländlicheren Gegenden sind dann schon mal "animals". Sehr interessant war auch die Analyse gesellschaftlicher Probleme, dessen Grund darin bestehen soll, dass jeder, der die Schule besucht, Manager werden möchte und es deshalb nicht genug Leute gibt, die selbst Hand anlegen möchten. Der Typ der das erzählte war Manager. Ich will das aber nicht verallgemeinern, da es sicher auch Gegenbeispiele gibt. Die Villenviertel hier in Ruanda werden oftmals von Hilfsorganisationen wie USaid oder UN-Unterorganisationen besetzt. Das Ausmaß der Entwicklungshilfe in Ruanda wird erkenntlich, wenn man einen Blick auf den Staatshaushalt wirft. Ein Anteil von 49,5 % sind reine Entwicklungsgelder - weltweit spitze. So lässt sich auch erklären, wie hier eine Art Walmart mit europäischen Artikeln, wie Nutella, Haribo, Knorr, etc. finanziell rentabel geführt werden kann. Die Hälfte der Besucher sind weiß. Komisch auch, dass zwar die Stadt Kigali mit immer neuen Wachstumsrekorden boomt, die ländlichen areas davon aber nichts mitbekommen - außer sie befinden sich in touristisch-interessanten Gegenden. Naja soviel zu meinen ersten eindrücken zur Situation im Land. Nach einiger Zeit kann ich sicher fundierter davon berichten.
Mir selbst ging es, bis auf kleine gesundheitliche Probleme, nie besser. Es entwickelt sich langsam ein gewisser Alltagstrott, der aber trotzdem angenehm ist. Mein Chef hat mir versprochen, dass wir alle 3 großen Projekte, die im ganzen Land verteilt sind, besuchen werden, wenn er von der Fahrradkonferrenz zurückkehrt.
DAnach melde ich mich wieder,

Gruß,

Martin

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen