Montag, 20. September 2010

Die ersten Tage in Ruanda

Das Treffen mit meinem Chef und seinem Kollegen ist gut verlaufen. Er hat die bereits existierenden Projekte und die Planungen für die nächsten Jahre vorgestellt und meine Aufgaben für den Anfang näher definiert. Meine Arbeitszeiten sind recht human: 4 Tage (Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Samstag) die Woche 7 Stunden Arbeit. 30 Tage Urlaub. Am Ende wurde der Vertrag vorgelesen und unterschrieben.

Danach sind wir mit dem Pfarrer und einem Makler auf Wohnungssuche gegangen. Allerdings hatte dieser nur ein Haus mit 4 Räumen, Küche, Bad ausgesucht, das natürlich etwas zu groß und teuer war. Eben gerade hat mir Jean Baptist, der afrikanische Chef, eine SMS geschrieben, dass er eine 2 Zimmerwohnung mit Küche und Bad (inside) relativ günstig bekommen könnte. Er wird mich gleich abholen, damit ich mir die Wohnung ansehen kann...Ich bin gespannt.

Auf der Rückfahrt ins „Hotel“ haben auf einmal Sirenen aufgeheult und alle Autos sind an die Seite gefahren. Aber es kam kein Krankenwagen und auch keine Polizei, sondern 4 SUVs mit ca. 80 Sachen, daraufhin ein Oberklassenauto mit ruandischer Flagge und am Ende noch 2 SUVs. Der Präsident machte einen Ausflug...

Abends ging es mit Motortaxis in die Innenstadt, um den einzigen Visa-automaten der Stadt zu suchen. Gefunden haben wir ihn zwar, aber leider konnte ich nichts abheben... DKB habe ich schon angeschrieben. Ich kann mir aber Geld leihen oder mit viel Verlust in der Bank abheben.

Insgesamt ein Tag, an dem vieles nicht funktionierte, aber trotzdem interssant.

12.09.

Was für ein Tag! Wir sind morgens mit einer großen Gruppe in zwei Jeaps an einen See im Südosten des Landes gefahren und haben dort eine kleine Bootstour gemacht. Nach zähen Verhandlungen um den Preis ging es weiter zu einem Fluss, an dem die Organisation meiner Kollegen ein Naturschutzprojekt gestartet hatte. Unterwegs konnte man die ganze Bandbreite des wahrscheinlich fruchtbarsten Land der Erde beobachten. Bananen, Kaffee, Tee, Mangos, Zuckerrohr, Maracujas, Avocados, hier wächst einfach alles.
Am Fluss angekommen hat man sofort gesehen, dass das Projekt, die 10m-Bebauungsgrenze vom Ufer entfernt durchzusetzen, nur teilweise erfolgreich war. Oftmals kamen die Äcker bis ans Ufer heran, was insofern problematisch ist, als dass die Erosion (Wind/Wasser) die lockere Erde der Äcker einfach in den Fluss weht/spült und ihn so verschlammen lässt. Ein Grund, warum das Projekt nur an einem Ufer richtig erfolgreich war, ist wohl die Wahlkampagne Kagames (Präsident) gewesen, der den Leuten Vieh versprochen hatte, falls sie die Bebauungsgrenze einhielten. Da dieses Versprechen nie eingelöst wurde, haben die Menschen munter weiter näher am Fluss ihre Äcker angebaut und möchten jetzt gerne das Vieh von der Hilfsorganisation bekommen, wenn die Äcker durch Papyrus bzw. eine andere einheimische Pflanze ersetzt werden soll, die den Boden mit ihren Wurzeln festigen. An diesem Projekt ist auch eine Ambivalenz zwischen Armut und Naturschutz zu erkennen, denn natürlich wird in einem der am dichtesten besiedelten Ländern der Welt jeder Quadratmeter Boden benötigt.
Zurück bei den Jeeps haben wir zuckerrohrkauend ein Restaurant mit Livekonzert angesteuert. Die Musik war ein Mix aus Funk, Reggae und Afrikanischen Gesang/Rhythmen und einfach nur genial. Wir haben mit den Einheimischen getanzt, die eine ziemlich eigenartige, etwas feminine und sehr spektakuläre Tanzweise zeigten. Später haben wir zähes Huhn gegessen und Primus (das ruanda-bier) getrunken und sind danach todmüde ins Bett gefallen.
Ab und an fühlt man sich noch als Tourist. Blödes Gefühl, ändert sich hoffentlich bald.

13/14/15 September

Am 13. war Franks letzter Tag in Ruanda und wir haben letzte Dinge, wie Berichte, Finanzen, Visazeugs und Ähnliches durchgesprochen. Leider hatte ich immer noch keine Wohnung und meine Kreditkarte war gesperrt. Ich habe Mittagsschlaf (!) gemacht und hab danach nach etwas Essbaren gesucht und habe dabei einen Typen getroffen, der aus Uganda stammt und der mir ein schönes billiges Restaurant gezeigt hat. Wir haben uns nett unterhalten und er hat mich sofort zu sich nach Hause eingeladen. Da ich etwas Zeit hatte bin ich mitgekommen und als er von meiner Wohnungssuche erfahren hat, schlug er sogar vor, dass ich bei ihm wohnen könnte. Er selbst studiert in Kigali irgendwas mit IT.

Am 14. habe ich mit meinem Pastor (Chef Afrika) und einem Makler endlich eine sehr schöne Wohnung in einer ziemlich stressigen Umgebung gefunden, die aber, als der Besitzer erfuhr, dass ich mzungu (weiß) bin, ¼ mehr kosten sollte. Nach stundenlangen Verhandlungen (man lernt hier mehr übers Handeln, als in einem BWL Studium) waren wir wieder beim Ursprungspreis angelangt.
Abends habe ich meinen ersten Mietvertrag handschriftlich geschrieben und wir haben ihn mit 3 Zeugen unterschrieben. Abends habe ich mit den anderen Freiwilligen, einheimischen Nachbarn gekocht, wie so ziemlich jeden Abend. An dem Tag bin ich auch das erste mal zu dritt auf einem Motortaxi gefahren. Dieses Transportmittel ist unglaublich toll, da man für ca. 50 cent auf der Stelle rasend schnell durch die Autostaus hindurch ans Ziel kommt. --und dabei kommt der Spaß auch nicht zu kurz! Es gibt etwa 4000 dieser Motortaxis in Kigali. Vom kleinen Billigen, das nur im Tal fährt und keinen Hügel hochkommt bis zum PS-Monster bei dem man nicht zu schwere Rucksäcke tragen sollte, gibt es hier alles.

Am 15. war ich in einem Openair-möbelhaus ein Bett, eine Matratze, einen Tisch und zwei Stühle kaufen. ZWEI „Träger“ haben die Möbelstücke 1 km weit zu meiner Wohnung getragen. Man selbst fühlt sich wie ein Sklaventreiber dabei, aber die Beiden haben mir versichert, dass das kein Problem sei und sie selbst schon wesentlich schwerere Aufgaben bewältigt hätten. Die Nachbarschaft ist zahlreich und starrt einen als Weißen immer noch ungläubig an. Nach einer Begrüßung auf Kinyaruanda bricht das Eis ein wenig. Der ganze Komplex wird von einem Watchman (eine art Wachmann) überwacht und liegt direkt neben einem Kleidermarkt. Wenn ich einziehe, schicke euch ein Paar Bilder. Morgen soll ich einziehen können.

  1. September
Eigentlich wollte mich mein Chef um 9 Uhr mit meinem Gepäck am Guest house abholen, damit ich quasi einziehen kann. Zwei SMSs im kurzem Abstand haben den Termin erst auf Nachmittag verschoben und dann auf den nächsten Morgen. So hatte ich einen freien Tag den ich mit anderen Freiwilligen mit Schachspielen und Vorlesen eines absolut schlechten Buches verbracht habe. Aus Uganda haben wir Besuch von Franka, einer Freiwilligen aus Jinja, bekommen, mit der ich in Deutschland Vorbereitungsseminare hatte. Später sind wir auf den gigantischen Früchte- und Gemüsemarkt gegangen, den man sich den ganzen Tag angucken könnte. Ein Sturm kam auf, aber obwohl sich öfters dicke Gewitterwolken zeigen, hat es seit meiner Ankunft noch nicht geregnet.

  1. September
Mein Pastor kam um 9 Uhr, um mich mit meinem Gepäck abzuholen. Bevor wir zum Haus fuhren, sind wir mit seinem seinem alten Toyota in eine improvisierte Autowerkstatt gefahren und konnten das Auto nach 3 Stunden mit 2 neuen Reifen und einer neuen Zündkerze (spark plague) wieder mitnehmen. Am Haus angekommen, mussten wir feststellen, dass wir leider keinen Schlüssel für die Haustür besaßen. Der Painter hatte den mitgenommen und war selbst nicht aufzutreiben. Der Pastor und Chef bot mir daher netterweise an, dass ich bei ihm übernachten könne. Sein Haus ist recht ärmlich ausgestattet, mit Plumpsklo draußen und ohne richtiger Dusche. Er selbst hat 5 Kinder, von denen 3 noch zu Hause wohnten. Die ganze Familie hat sich gegenüber mir sehr schüchtern verhalten, war aber auf ihre Weise herzlich und die Frau machte ein großes Abendessen.

  1. September
Am nächsten Morgen um 8 Uhr stand Richard mein Mentor vor der Tür. Mit ihm soll ich jeden Samstag zusammenarbeiten. Er selbst ist Headmaster an einer secondary school etwas außerhalb von Kigali, kann nur Kinyarwanda und Französisch, wusste nicht einmal woher ich komme und ist trotzdem ein ganz netter Kerl. Wir sind zusammen zu Wohnung gefahren und ich bin ENDLICH umgezogen. Ein tolles Gefühl endlich in seiner eigenen Wohnung zu leben. Mit meinem Chef und meinem Mentor habe ich mich noch nach Gaspreisen umgeschaut und einen großen Gemüsemarkt nahe meiner Unterkunft erkundschaftet. Wir haben uns nett verabschiedet und ich habe meinen Nachbarn Jean-Paul kennengelernt. Er ist ein sehr netter Typ, der mir versucht Kinyarwanda beizubringen und selbst keine andere Sprache spricht. Wir sind zusammen durch mein Viertel „Nyabugogo“ gelaufen und er hat mir den Weg zur Innenstadt gezeigt. An einem Buffetrestaurant haben wir gegessen und er hat mir seine Freunde vorgestellt (die ein wenig Englisch sprechen). Später bin ich mit Jean-Paul zu der Villa meines Vermieters gegangen. Dort habe ich einen Mann kennengelernt, der Englisch und Französisch studiert hatte und sich die ganze Zeit mit mir unterhalten wollte. Dieser hat mich später auch zurück in die Stadt begleitet und zwar Hand in Hand. Das ist unter Männern in Ruanda genauso normal, wie das Küsschen in Frankreich (Händchenhalten zwischen Männern und Frauen dagegen undenkbar)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen