Dienstag, 12. Juli 2011

Motorradtour


Ende Juni bin ich mit einem Freiwilligen aus Uganda auf zwei Motorrädern durch den Westen Ruandas gefahren. Wir sind insgesamt 6 Tage unterwegs gewesen. Im Gegensatz zu meinem Kollegen, der sich seinen Führerschein einfach in Uganda gekauft hatte, muss man in Ruanda eine praktische Prüfung ablegen, die darin besteht um Hütchen zu fahren, die im Abstand einer Motorradlänge aufgestellt sind. Das klingt einfacher als es ist und die Prüfung findet seltener statt als gedacht, sodass bei mir mein Deutscher Autoführerschein als Fahrerlaubnis herhalten musste. Ich hatte allerdings auf dem Dorf schon einige Fahrerfahrung sammeln können. Mein Kollege hatte sich in Uganda sein eigenes Motorrad gekauft, ich lieh mir Eines für umgerechnet 8 Euro pro Tag von einem Motofahrer aus Kigali.



Unsere erste Station war, nachdem der Luftfilter gesäubert und der Tank voll war, Gitarama. Die Fahrt dort hin war unspektakulär und zum eingewöhnen. Ich habe den Verkehr vollkommen überschätzt - ich wurde nicht einmal von einem Bus abgedrängt. Wir entschieden uns noch bis nach Gisyeni weiterzufahren. Es erwartete uns eine gerade neu geteerte Straße mit null Verkehr. Es ging in schönen Kurven die hohen Berge hinauf und wieder herunter. Super zum Motorradfahren! Jedenfalls haben wir öfters mal angehalten, um die schönen Ausblicke zu genießen. 

Dank meiner Vergesslichkeit und des Gewichts meiner für 10 Euro gekauften Motorradjacke, habe ich bei so einer Pause meinen Rucksack liegen gelassen. Neben Pass, Impfpass, resident card, Führerschein, Personalausweis und Kreditkarte, befand sich in dem Rucksack mein ganzes Geld. Nach 20 km bemerkte ich meinen Fehler und raste zurück. Der Rucksack war nicht mehr da! Während ich verzweifelt die Gegend abfuhr, traf ich auf zwei Leute die mir auf Kinyarwanda klarmachten, das mein Rucksack im nächsten Dorf ist. Ich nahm die beiden auf mein Motorrad und fuhr dort hin. Der Rucksack wurde aus einem Haus gebracht und ich guckte sicherheitshalber mal, ob das Geld noch da war. Es fehlten etwa 30.000 RWF und als ich das klargemacht hatte, gab mir einer der beiden "Retter" 10.000 RWF wieder. Ich guckte den anderen an, aber der zuckte nur mit den Schultern. Es bildete sich eine Menschentraube von ca. 100 Leuten, es wurde lautstark diskutiert und am Ende ein Kind beschuldigt. Ich fuhr am Ende weiter, froh dass der Rest noch da war.
Wir kamen in der Dunkelheit in Gisenyi an und übernachteten bei einer deutschen Freiwilligen. Am nächsten Tag sahen wir uns ihre Arbeitsstelle in einem Straßenkinderprojekt an und gingen danach zum Strand. Dort trafen wir einen Kongolesen, der uns zu den beiden Grenzen zu Kongo führte. Wir fragten nach den Visakosten, die für mich wichtig sind, da ich nächstes Wochenende auf den Vulkan Nyiragongo im Kongo steige. Die Angaben stellten sich am Ende aber als gleichfalsch heraus. Wir verbrachten den ganzen Tag in Gisenyi, besuchten noch ein Genocide memorial, reparierten die Platten Reifen unserer Maschinen und wechselten abends die Unterkunft in eine DED Villa direkt am See ;)

Am nächsten Morgen fuhren wir zeitig in Richtung Kibuye los. Wir nahmen zunächst eine rough road, direkt am Wasser entlang und am größten Arbeitgeber Ruandas vorbei - der Bierbrauerei. Die Strecke war wunderschön und führte auf schlechten Straßen zwischen Teefeldern und dem Kivusee durch die Hügel Ruandas. Vor einem sinnflutartigen Regenfall retteten wir uns in ein Dorf, wo wir nach Inspektion der Küche ein paar faustgroße Fleischstücke einer gerade geschlachteten Ziege bekamen, dazu Matoke. Als ich gerade vorne fuhr kamen wir an einem Hund vorbei, der mich versuchte anzugreifen und 5 Sekunden später in das Motorrads meines Mitstreiters hineinrannte. Der Hund wurde durch die Luft geschleudert und rannte danach verletzt weg. Der Reifen war danach nicht mehr ganz gerade, aber wir mussten vor Dunkelheit nach Kibuye. 

Im billigen, aber superschönen Guest House Home St. Jean übernachteten wir , lernten noch zwei Medizinstudenten aus Australien und Amerika kennen, mit denen wir am nächsten Tag zur Napoleon Island gefahren sind (Name stammt von der Form der Insel, die dem Hut Napoleons ähnelt). Die steile Insel sind wir hochgeklettert und klatschten und schrien und machten sonst irgendwie Geräusche. Nach 10 Sekunden standen wir in Wolken von Fledermäusen. War echt beeindruckend.

 Gegen Mittag ging es weiter nach Cyangugu. Die Straße war grausam und nach 5 Stunden Fahrt stellten wir uns oft einfach aufrecht hin und ließen unsere Motorräder die Schläge abfedern. In unserem Reiseführer sollte das billigste Guesthouse 10.000 Rwf (12 Euro) für ein Doppelzimmer kosten. Viel Geld, aber gerade noch im Rahmen, dachten wir. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Besitzer gewechselt hatte und jetzt 30.000 RWF für eine Nacht verlangt wurde. Wir aßen etwas und verschwanden in die Teefelder, wo wir ein Ehepaar trafen, dass große Mengen Holz bewachte und ein Feuer gemacht hatte. Dort schlugen wir unser Zelt auf und konnten auch bis 6 Uhr durchschlafen. 

Der nächste Tag  führte uns durch den Nyungwe Regenwald. Wir sahen jede Menge Affen, unten anhängend ist ein Video mit Aufnahmen aus dem Nyungwepark. Wir kamen mittags in Butare an und versuchten eine Ersatzradnarbe für meinen Kollegen zu finden, da sie einen kleinen Riss hatte, waren aber erfolglos.

Wir fuhren weiter Richtung Gitarama. In Nyanza hielten wir an und besuchten den Königspalast des ehemaligen Herschers Ruandas. Sehr zu empfehlen! Wir fuhren im Windschatten der rasenden Busse auf guter Strecke bis nach Byimana, einem Vorort Gitaramas, wo wir wieder bei einem Freiwilligen übernachteten.

Am nächsten Tag wollte er nach Gitarama mitgenommen werden. Da wir keine weiteren Helme hatten, entschieden wir, dass mein Kollege vorfährt und anhält sobald er Polizei sieht und ich dann meinen Mitfahrer des Motos verweisen würde. Allerdings hatten wir die Polizisten nicht an der nächsten Straßenecke erwartet. Die haben seelenruhig beobachtet, wie mein Passagier abstieg, hielten mich dann an und wollten meine driver license sehen. Ich gab ihnen meinen europäischen Autofürhreschein, den sie sich eine Minuter anguckten und danach die Fahrzeugpapiere und Versicherung sehen wollten. Die hatte ich sofort zur Hand und so wurde ich durchgewunken. Glück gehabt, denn in Ruanda sind Polizisten kaum bestechlich.

Nach einem Frühstück in Gitarama genossen wir den letzten Teil unserer Ereignisreichen Tour zurück nach Kigali. 

PS: Um alle Bilder und das Video sehen zu können, am Ende des Posts auf "weitere Informationen" gehen. 


TVS 125ccm - made in India








Fledermauswolken
Teeberge


Pitya unsere kleine Nachbarin
so leben DED Freiwillige in Gisyeni ;)






Nyungwe rain forest


Einbaumproduktion




Fischerboote (immer 3 zusammen, dazwischen Netze)




Freitag, 20. Mai 2011

3 Wochen Pampa

Die letzten drei Wochen habe ich an der ruandisch-burundischen Grenze in einer sagen wir mal doerflichen Gegend verbracht. Aus Kigali, das am Ende doch fast den deutschen Luxus bieten kann, wollte ich einfach mal raus um eine andere Seite Ruandas naeher kennenzulernen.

Ein anderer Grund war mein Wunsch nach Abwechslung von der Arbeit am Computer. Die Abwechslung habe ich in einem neuen Taetigkeitsfeld meiner Organisation gefunden: Wir wollen ein Projekt zur Verbreitung von Energy saving stoves im gleichen Sektor starten, in den auch unsere Fahrraeder wandern. Bevor man ein Projekt startet und sich um Mittel bewirbt, muss natuerlich die Situation vor Ort gecheckt werden und genau das war meine Aufgabe. Ich habe Frageboegen zu Kochstellen, Gewohnheiten, Problemen und Willen zur Veränderung erstellt, mit meinem Chef auf Kinyarwanda uebersetzt und sie auf dem Dorf in einer großen Frauen-kooperative verteilt. Dann habe ich die Frauen mit einem Motorrad abgeklappert, Fotos von Kochstellen gemacht und  Kochtoepfe ausgemessen. Am Ende besuchte ich dann Toepfer, die zur Zeit meist Kochtoepfe herstellen, aber auch potenzielle Produkteure von Energy saving stoves sind. Der Plan ist naemlich Menschen, die Energy saving stoves im Nachbarsektor herstellen, fuer 3 Tage kommen zu lassen, um ein Training fuer jene Toepfer zu veranstalten. Das wuerde auf der einen Seite Jobs generieren und auf der anderen Seite Rodungen eindaemmen, da die Oefen nur 50% des Feuerholzes benoetigen. Alle Rohstoffe, die zur Herstellung noetig sind, sind vorhanden. Aus den Frageboegen ging ausserdem hervor, dass insbesondere die Rauchverschmutzung ein Gesundheitsproblem fuer Viele darstellt. Nach einem Bericht des Infrastrukturministeriums, das wir vorher besuchten, reduzieren einige Modelle die Rauchentstehung um 80%. Auch die Sektorchefin zeigte sich an einem Projekt interessiert. Das Ziel der Regierung ist es ohnehin von derzeitig 52% (von denen aber bestimmt die Haelfte zerstoert sind) auf 100% Verbreitung von "efficient stoves" zu kommen. Jetzt bin ich erstmal mit der Auswertung und dem Abschlussbericht beschaeftigt.

Das ganze hat mir viel Spass gemacht, hat aber natuerlich nur einen kleinen Teil meiner Zeit beansprucht.
Vormittags habe ich Kinder in einer Grundschule in Englisch und Mathe unterrichtet. Da die Amtssprache 2008 auf Englisch umgestellt wurde, wird jetzt der ganze Schulunterricht in Englisch durchgefuehrt, obwohl das die meisten Lehrer eher schlecht als recht beherschen. Das fuehrte mich zu meiner zweiten Aufgabe: Lehrern Englisch beibringen! Nachdem die Lehrer von morgens um 7 Uhr bis nachmittags um 5 durchgaengig 70 Schueler-klassen unterrichtet hatten, durften sie sich wieder auf die Schulbank setzen und mussten sich meinen Unterricht antun. Trotzdem namen die Lehrer, mit denen ich privat auch super auskam, das Angebot dankend an. Dafuer gabs freies Mittagessen (immer US-Aid Maismehlpampe und Bohnen) und Milch.

Auch Samstags wurde die Schule genutzt: Dann kamen etwa 300 Waisenkinder, die von der christlichen Organisation "Compassion" gesponsort werden, in die Schule um eine Art Nachhilfe bzw. Bibelmoralunterricht zu bekommen. Auch ich sollte zwei Einheiten uebernehmen. "Spiritual" und "Physical" streng nach vorgefertigten Unterrichtsplaenen aus einem dicken Buch. Im Bereich Spiritual gings um Bibelinterpretation, im Bereich Physical um Aidsaufklaerung. Ich musste dafuer kaempfen um Kondome als Mittel zur Vermeidung von Aidsuebertragungen nennen zu duerfen! Die Stunde sollte urspruenglich nur mittels  Panikmache fuer die Enthaltsamkeit bis zur Ehe werben.

An einem Tag kam auch mein Chef zu Besuch um mit mir, die aus den Niederlanden gefordete, Evaluation unseres Fahrradprojektes durchzufuehren. Hiess im Klartext wieder Frageboegen ausfuellen.

Ich wohnte beim Pastor des Dorfes. Ein sehr interessanter Typ, der (verbotenerweise) nebenher in Kigali studiert. Die letzte Woche habe ich bei einem Typen verbracht, der nahe des Trading Centers des Sektors lebt und dessen Frau super kochen konnte. Alle waren so gastfreundlich, dass sie richtig boese wurden wenn ich mich an irgendwas finanziell beteiligen wollte.

Eigentlich sollte ich noch mit einem Fahrradmechaniker zusammenarbeiten, den ich bei einem vergangenem Workshop vor Ort kennengelernt habe. Doch um ihn zu sehen musste ich eine Art Arbeitslager fuer Genozidtaeter besuchen, in dem er statt eine Gefaengnisstrafe abzusitzen als Mechaniker arbeiten musste. Das Gefuehl sich bewusst unter etwa 2000 Moerdern zu befinden war echt beängstigend, auch wenn ueberall Soldaten herumstanden. Die Insassen bekommen Essen, Unterkunft und Unterricht, der die Ideologien der Vergangenheit ausmerzen soll. Aber wenn man in manche Gesichter sieht oder meinen Begleitern zuhoert bekommt man seine Zweifel, ob das in jedem Fall so hinhaut.

Ich versuche mich ja gerade am spottbilligen Motorradfuehrerschein, denn im Juni moechte ich eine Tour durch Ruanda machen. Auf dem Dorf hatte ich oft die Gelegenheit zu ueben, da das Motorrad fuer die reichsten Leute vor Ort das Statussymbol ist und keiner den Lappen kontrolliert. Viele in der Region sind uebrigens mit Grenzschmuggel reich geworden, wurde mir gesagt.

Eine Sache will ich noch loswerden:

Die ruandische Regierung fuehrt zur Zeit ein international sehr umstrittenes Programm namens Nyakanazi durch, von dem ich in der Region viel mitbekommen habe. Ziel ist wie immer die Entwicklung des Landes. Dafuer wurden bis jetzt im ganzen Land 115.000 Strohhuetten abgerissen, da die Regierung ab jetzt nur noch Wellblechdaecher akzeptiert. Begruendet wird das unter anderem mit den Millenium Goals. An die aermsten Familien will die Regierung kostenlos Wellblech ausgeben, was aber zumindest in der Region, wo ich war, oft nicht passiert ist. Oftmals wurden Huetten abgerissen, die nur zum Kochen oder zur Viehhaltung gedacht waren. Ueberall sieht man Häuserruinen. Manche haben sogar gar kein Dach mehr ueberm Kopf.

Es werden ueberall ganze Doerfer mit identischen Häusern hochgezogen, in welche ein Teil der Opfer einziehen darf/muss. Dieses Vorgehen zielt meiner Meinung nach auch darauf ab, die Menschen, die traditionell nicht in groesseren Dorfverbuenden zusammenleben, zusammenzubringen und sich so die Moeglichkeit einer billigeren Elektrifizierung zu eröffnen.

Der Zweck heiligt hier eben die Mittel. Entwicklung wird zum Zwang.

weitere infos:

http://www.epo.de/index.php?option=com_content&view=article&id=7201

Bilder gibts spaeter ;-)

Samstag, 16. April 2011

genocide memorial week - offene Wunden

Am 7. April 1994 begann der rwandischen Voelkermord, also vor 17 Jahren. Etwa 1.000.000 Tutsis wurden auf brutalste Weise von ihren Nachbarn ermordet. Jedes Jahr im April wird deshalb eine Woche der Trauer und Erinnerung ausgerufen. Waehrend der Woche finden zahlreiche Veranstaltungen zum Gedenken der Opfer statt, Politiker halten Reden und Musiker singen ueber den Genozid. An drei Tagen sind alle Geschaefte geschlossen, Arbeit ist verboten (exclusive Soldaten). Ansonsten wird nur vormittags gearbeitet. Jegliche Spaßveranstaltungen, das heißt Fußball gucken, feiern gehen, pool spielen oder auch nur laut Musik hoeren sind in dieser Woche untersagt. Bei Verstoessen werden zumindest Rwander als Genozidleugner gebrandmarkt.

Am 7. April 2011 bin ich mit Till ins groesste Stadion gegangen um die Einfuehrungsveranstaltung mitzuerleben. Ueberall wurden Accessoires in der Gedenkfarbe "lila" verkauft. Der Gewinn ging an Waisenprojekte. Die Veranstaltung sollte morgens um 7 Uhr starten. Um 7:30 Uhr waren wir dort, um 9 Uhr war das Stadion voll, um 10 Uhr zu voll und um 10:30 Uhr ging dann die Veranstaltung los. Trotz der ca. 30.000 Menschen war es sehr still. Oben und unten von jedem Block standen Polizisten (mal ohne Kalaschnikov) und - fuer mich erstmal unverstaendlich - ca. 50 Sanitäter. Die meisten Reden waren auf Kinyarwanda, sodass wir nur wenig verstanden. Zusammengefasst etwa:

Nie wieder
Vorfälle beim Namen (Genozid) nennen
Um Vergebung bemuehen
Preserving dignity, upholding the truth

Der Praesident, Paul Kagame, nutzte die Gelegenheit um die Rolle der UN waehrend des Völkermords und die Rolle einiger Länder, die Völkermorddratzieher bis heute nicht ausliefern zu verurteilen.

Als danach Lieder, die vom Voelkermord handelten, gespielt wurden, begannen plötzlich vereinzelt Leute hysterisch zu schreien, bekamen Weinkrämpfe, schlugen um sich oder wurden einfach nur ohnmächtig.
Es wurden Korridore gebildet, die Traumatisierten wurden durchgereicht und in die provisorisch eingerichteten Krankenzimmer getragen. Die Mehrzahl der Menschen war in keinsterweise so erschrocken wie ich. Zeit heilt eben keine Wunden oder sind 17 Jahre einfach zu kurz?

Auf den Straßen konnte man einige Rwander sehen, die starr in die Gegend sahen. Ich traf aber auch andere, die ihre ganze Familie verloren hatten und recht gefasst wirkten. Mag auch ein kulturelles Ding sein, Probleme nicht in der Öffentlichkeit zu zeigen.

Am Ende der Woche gab es noch den Walk to Remember, an dem auch wir teilnahmen.

Montag, 28. Februar 2011

Uganda

Nach langer Zeit melde ich mich mal wieder. Ich bin gestern vom Zwischenseminar wiedergekommen. Unsere Hütte in Kigali ist überlaufen von Uganda-freiwilligen, die wegen den Wahlen aus dem Land mussten. In dem ganzen Chaos habe ich endlich mal wieder ein wenig Ruhe für einen neuen Bericht gefunden.

Anfangen möchte ich mit meiner zweiwöchigen Ugandareise:

Ich erfuhr über den Newsletter des African Bicycle Networks, dass es einen Workshop am Bwindi National Parc, ein Regenwald in Uganda, geben sollte. Dabei sein wollte ich, um ein paar Erfahrungen für unsere eigenen Fahrradworkshops zu sammeln. Der Workshop sollte 4 Tage dauern und wurde vorverlegt, sodass ich von heute auf morgen aufbrechen musste und die darauf folgende Ugandareise nur sporadisch planen konnte.
Ich nahm also früh morgens am Busbahnhof Kigalis den Bus nach Uganda, nachdem ich mir den Magen mit einem Stück geschenkter „Jackfruit“ verdorben hatte. Die Fahrt war gewohnt rasant, sodass ich mittags in Kabale ankam, wo ich eigentlich die letzten 100 km mit den ugandischen public means bewältigen wollte, um am gleichen Tag anzukommen. Da die Infrastruktur im Südwesten Ugandas extrem schlecht ist, kam ich aber nur über große Umwege Abends in einem kleinen Kaff an und fuhr erst am nächsten morgen mit Pickup-Matatu und Boda-Boda (Motorrad) bis zum Eingang des Nationalparks, wo ich herzlich empfangen wurde. Die folgenden 3 Tage nahm ich an den Fahrradworkshops für Frauengruppen teil, testete die 4 Mountainbike-Strecken durch den Regenwald und half bei den Reparaturen der Fahrräder. Ich lernte interessante Menschen und Methoden kennen und knüpfte Kontakte. Nach diesen tollen Tagen nahm ich einen Bus um 3:30 am zurück nach Kabale um den Lake Bunyoni, einen Bergsee auf über 2000m Höhe zu besuchen. Ich fand ein billiges aber gutes Guesthouse direkt am Wasser und genoss 3 Tage mit zwei Kenianern, die mich am Ende zu sich nach Kenia einluden. Mein nächstes Ziel war Kasese und damit der Queen Elizabeth Nationalpark. Auf der Fahrt mit teilweise 28 Leuten im Bus (7 pro Reihe), Ziegen im Kofferraum und Gepäck und Hühner auf dem Dach, lernte ich einen Lodgebesitzer kennen, der mir eine schöne Unterkunft in Kasese zeigte und mich am nächsten Tag mit zu seiner Lodge am Rande des Parks führte. Er gab mir Essen aus und wir konnten aus seiner sehr schönen Lodge eine Vielzahl von Tieren wie Elefanten, Antilopen und Hippos beobachten. Nachmittags organisierte er mir ein billiges Motorrad mit dem ich etwa 1 Stunde in den Park fuhr. In den Abendstunden stieg ich in ein Touriboot und konnte für 15 $ eine tolle Rundfahrt auf dem Kazinga-Kanal machen. Abends überquerte ich wieder den Äquator um zurück nach Kasese zu kommen. Am nächsten Tag machte ich mich weiter Richtung Norden nach Fort Portal, eine Stadt am Rande des Rwenzori Gebirges mit dem Mt. Stanley (5109 m). Eine bezahlbare Eintageswanderung auf einen Dreitausender war geplant. Ich fuhr mit meinem Rucksack in ein Dorf, wo ein Office von der Ugandan Wildlife Authority stehen sollte. Weder mein Bodafahrer noch einige Dorfbewohner konnten mir bei meiner Suche helfen. Schließlich kamen wir zu einem Schild, das zu einem Eco-Campingplatz führen sollte, wo angeblich Touren angeboten wurden. Mein Bodafahrer und ich machten uns also auf den Weg, der steil den Berg hinaufführte, sodass wir erst kurz bevor wir den Mut verloren auf eine Ansammlung von Lehmhütten stießen. Der Besitzer war hocherfreut endlich mal wieder einen Gast begrüßen zu dürfen. Immerhin konnte ich mit den Leuten eine Wanderung an den Rand des Rwenzori Nationalparks machen. Abends haben wir ein Feuer gemacht, Fleisch geröstet, selbstgemachten Tee getrunken und interessante Gespräche geführt. Am nächsten Tag ging es dann schon weiter in die Hauptstadt Ugandas: Kampala. Unterwegs sind wir auf der Straße spielenden Affen ausgewichen und sind fast am Baustellenstaub erstickt, der einen 20 Meter Streifen neben der Straße grau-braun gefärbt hatte. Die Luft in Kampala bot Abwechslung aber keine Verbesserung: Zum Staub gesellte sich ein Gemisch aus Abgasen, Qualm und Asche aus Müllverbrennungen. Die Innenstadt Kampalas gleicht einem Ameisenhaufen. Ich kämpfte mich nach Kabalagala durch um Till, meinen Mitbewohner aus Kigali zu treffen. Wir gingen extrem günstig und gut äthiopisch essen und trafen dann andere Freiwillige. Abends sind wir feiern gegangen, was in Kampala zu empfehlen ist. Am nächsten Morgen fuhren wir in ein 2 Stunden entferntes „Dorf“, wo eine Freiwillige ihren Abschied feierte. Nach einer harten Fußbodennacht fuhren wir zurück nach Kampala. Dort besuchten wir Freiwillige bei ihrer Arbeit und zu Hause, gingen zu einem Typen, der ein Musikstudio besaß und konnten ein wenig zusammen jammen. Abends kochten Freiwillige, die zuvor in Indien gewesen waren tolles indisches Essen für uns. Da die Schlafmöglichkeiten im Rainbowhouse, wo die anderen Freiwilligen residierten, schon überbeansprucht waren, entschlossen wir uns aufs Dach auszuweichen. Die Nacht war trotz des Lärms und der "Luft" sehr geruhsam. (Der Sturm der zweiten Nacht fegte außer unseren Kissen fast auch noch uns vom Dach). Am nächsten Tag sahen wir uns die Gaddafi Moschee an und stürzten uns ins Chagala Bagala (Suaheli für Chaos). Abends gingen wir ins National Theater auf eine Jam-Session. Das heißt jeder konnte auf die Bühne gehen und sich ein Instrument schnappen. Viele Leute brachten ihre Instrumente, unter anderem Geigen oder traditionelle Instrumente, mit. Wir lernten einen netten Iraner kennen. Die Bodafahrten in Kampala werden mit bis zu 4 Leuten auf einem Motorrad bestritten. Nachts sind die meisten Fahrer betrunken und übersehen auch mal ein Schlagloch. Am nächsten Morgen kauften wir uns eine Gitarre, tranken einen tollen Mango-Milkshake und brachen zusammen mit einer Freiwilligen nach Jinja auf. In Jinja entspringt dem Viktoriasee ein turbulenter Fluss, den man Nil nennt. Till und ich besuchten Franka, eine weitere artefact Freiwillige bei der wir übernachteten. Wir gingen Abends ins Backpacker Hostel, spielten Pool und futterten Falaffel. Am nächsten Morgen ließen wir uns in Jinja abholen, um zu den Bujagali Wasserfällen zu kommen. Aber nicht um sie anzugucken, sondern um mit einem Schlauchboot den Nil herunterzufahren oder auch zu fallen. Das ganze nannte sich Wild water rafting und machte eine Menge Spaß. Bilder davon bekomme ich noch. Am nächsten Tag liehen wir uns Fahrräder bei der Fahrradorganisation FABIO und fuhren zum Viktoriasee. Später wollte ich den Kampala Coach Bus zurück nach Kigali nehmen. Viel später kam er dann auch. Das gab mir die Gelegenheit einen ugandischen Künstler kennenzulernen, der auch nach Kigali fuhr und mit dem ich mich später wieder traf.

Insgesamt war die Reise eine der tollsten Erfahrungen, die ich hier erleben durfte. Große Reisen nach Burundi, Tansania und Kenia sind noch geplant. 

Kurz zum Zwischenseminar: Ich habe große Teile des Zwischenseminars für unsere 20-köpfige Gruppe aus artefactlern und Externen geplant. Es hat im Großen und Ganzem gut geklappt. Es war toll so viele Mitfreiwillige wieder zu treffen, zu diskutieren und über Probleme zu sprechen. Der krönende Abschluss war eine 6 stündige Regenwaldwanderung im Nyungwepark. Ich lade bei Gelegenheit Bilder hoch.

PS: Um alle Bilder sehen zu können, am Ende des Posts auf "weitere Informationen" gehen. 


über weite Strecken ist das Boda-Boda (auch Piki-Piki oder Moto genannt) das einzige Transportmittel

Fahrradprojekt am Bwindi NP





Mountainbiketouren durch den Regenwald











Montag, 27. Dezember 2010

Langatmig und doch interessant - die muslimische Hochzeit

Auf dem Weg von Kigoma zurück nach Kigali sollte die muslimische Hochzeit von unserem Kinyarwanda-Lehrer stattfinden. Nach einer Nacht in Ngoma/Ruanda machte ich mich auf die Suche nach einem Ort dessen Name "Kibaya" war. Mit viel Glück schaffte ich es pünktlich zur Zeremonie. Inmitten von Bananenplatagen unter einem Zelt versammelten wir uns, setzten uns - Geschlechter getrennt - und standen für mehrere Stunden nicht wieder auf. Es war insgesamt eine sehr ulkige Angelegenheit. Am Anfang wurde eine Art Theaterstück zwischen den zwei Familienoberhäuptern aufgeführt, was anscheinend Tradition ist. Es fing damit an, dass der eine den anderen fragte, warum er den Geburtstag von seiner Frau störe und was er überhaupt wolle. Dann behauptete er, seine Tochter sei in der Schule und er solle es doch bitteschön am nächsten Tag nochmal versuchen. Es wurde gefragt, ob jemand aus der Familie etwas gegen die Hochzeit hätte. Darauf meldeten sich einige und erzählten erfundene Geschichten über Schlägereien und andere Streitigkeiten, weshalb es auf keinen Fall eine Heirat geben würde. Das andere Familienobehaupt besänftigte so gut es ging und überreichte dann der Familie der Braut verschiedene Geschenke (eine Hacke, einen Speiseölkanister und eine große Flasche Fanta und Cola). Früher war es so, dass die Braut durch eine bestimmte Anzahl von Kühen freigekauft werden musste. Bei der Hochzeit genügte ein Beleg für eine Banküberweisung, der feierlich übergeben wurde. Wie sooft wird Tradition mit Modernem vermischt. Es hatten danach noch viele Leute irgendetwas zu sagen. SChließlich wurde die Braut hereingeführt. Statt dem Ja-Wort und dem romantischen Hochzeitskuss versicherte der Bräutigam dem Familienoberhaupt dreimal, dass er die Frau heiraten wolle. Der Ring wurde überreicht. Der Höhepunkt war das gegenseitige Einflößen von Fanta Orange. Es gab ein großes Buffet und dann brachen wir mit eigens gecharterten Bussen nach Kigali auf. Ziel: Die Gaddafi Moschee in Nyamirambo, dem muslmischen Viertel Kigalis. Der Name impliziert schon den Ursprung der Moschee. Der umstrittene Präsident Lybiens spendete jedem afrikanischen Land eine Moschee und rief nach dem Minarettverbot zum Heiligen Krieg gegen die Schweiz auf. Jedenfalls waren insgesamt über 600 Menschen da und es gab eine Art Predigt, ein Lied und viele Geschenke für das Brautpaar. Auch wir sprangen auf die Bühne und übergaben unserem Lehrer ein Deutschlandtrikot, einen Korb und ein paar Holzgorillas. Um 8 Uhr Abends war es dann (endlich) vorbei und wir traten den Heimweg an.